Aufklärungsgespräch – Prof. Dr. med. Claudia Sommer erklärt CIDP-Betroffenen die Erkrankung, Diagnoseverfahren und Therapieoptionen. Sie erläutert, wie das Immunsystem die peripheren Nerven angreift und welche Behandlungsmöglichkeiten helfen, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten.
Viele Betroffene erleben eine wahre Odyssee, bevor sie die Diagnose CIDP erhalten. So zeigten Ergebnisse einer Studie aus den Niederlanden, dass etwa ein Viertel der Betroffenen länger als ein Jahr auf die richtige Diagnose warten musste.1 Vor allem die Tatsache, dass die Erkrankung ganz unterschiedlich verlaufen kann, erschwert die Diagnose.2 Auch Fehldiagnosen sind häufig, so wird die Erkrankung besonders häufig mit dem Guillain-Barré-Syndrom verwechselt. Details dazu findest du auch unter Differenzialdiagnosen in diesem Beitrag.3
Wenn du also bei dir selbst oder jemandem in deinem Umfeld Beschwerden beobachtest, die auf eine CIDP hindeuten könnten, sollte nicht gezögert werden, mit einer:m Ärzt:in, die:der über die Expertise bei Polyneuropathien verfügt, Kontakt aufzunehmen und die Beschwerden möglichst genau zu schildern. Welche Symptome bei einer CIDP häufig auftreten, erfährst du hier. Eine möglichst frühe Diagnose ist wichtig, um rasch die passende Therapie einleiten zu können.2 Das wissenschaftliche Interesse in Bezug auf die CIDP hat in den letzten Jahren zugenommen. Derzeit laufen mehrere klinische Studien zu neuen Therapieoptionen.4 Lies hier mehr zur Therapie der CIDP.
Der Weg zur Diagnose CIDP ist oft komplex und langwierig. Viele Betroffene durchlaufen zahlreiche Untersuchungen, bevor Klarheit besteht. Eine frühzeitige Diagnose ist entscheidend, um schnell mit einer passenden Therapie beginnen zu können.
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Zunächst wird die:der Ärzt:in nach den Symptomen fragen. Wenn sich dabei der Verdacht auf eine CIDP erhärtet, kommen weitere Untersuchungsmethoden in Betracht. Welche davon jeweils sinnvoll sind, entscheidet die:der Ärzt:in.5
CIDP erfordert eine umfassende Diagnostik. Anamnese, neurologische Untersuchungen, Nervenmessungen und Nervenwasseranalysen sind notwendig, um die Erkrankung zu diagnostizieren. Oft erfolgt eine Überweisung in spezialisierte Zentren für eine präzisere Diagnosestellung.
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Erste Anzeichen einer CIDP können beispielsweise Kribbeln oder Taubheit in Zehen bzw. Fingern sein, oder auch eine Muskelschwäche, die dazu führt, dass sich die Beine schwer und die Arme schlaff anfühlen. Manche Betroffene bemerken zudem Einschränkungen der Feinmotorik der Hände und haben Probleme beim Greifen, Drehen oder Halten.6 Weitere Symptome, die Ärzt:innen auf eine CIDP schließen lassen können, sind verminderte oder fehlenden Sehnenreflexe.5 Die Symptome der peripheren Nervenerkrankung entwickeln sich meist allmählich, der Verlauf kann jedoch unterschiedlich sein. So können sich die Symptome über die Zeit verschlimmern (progressiv) oder in Schüben auftreten.5 Etwa jede:r dritte CIDP-Patient:in erleidet einen monophasischen Verlauf mit Symptomen über mindestens sechs Monate, von dem sie:er sich wieder vollständig erholen kann.7,8 Bei etwa zwei Drittel der Betroffenen hingegen verläuft die Krankheit entweder progressiv oder schubförmig:5,7,8
Um andere Erkrankungen ausschließen zu können, kommen unterschiedliche Blutuntersuchungen in Frage. Dabei wird das Blut u. a. auf Antikörper getestet. Darüber hinaus werden dabei häufig Nüchternblutzucker, Blutbild sowie Nieren- und Leberfunktion erfasst.5
Mit Hilfe der Elektroneurografie (ENG) wird gemessen, wie schnell die untersuchten peripheren Nerven Informationen weiterleiten. Ist die Nervenleitgeschwindigkeit niedriger als gewöhnlich, kann das auf eine CIDP hinweisen. Jedoch ist eine CIDP auch bei normaler Nervenleitgeschwindigkeit nicht völlig ausgeschlossen.5
In manchen Fällen kann zusätzlich auch eine Ultraschalluntersuchung der peripheren Nerven angezeigt sein. Verdickungen bestimmter Nerven können den Verdacht auf eine CIDP erhärten.5
Auch eine Magnetresonanztomographie kann dabei helfen, eine CIDP zu diagnostizieren oder auszuschließen. Dabei werden Nervengeflechte dargestellt und auf Veränderungen geprüft.5
Bestimmte Proteine in der Lumbalflüssigkeit können auf eine CIDP hinweisen. Auch die Lumbalpunktion wird vor allem dann angewendet, wenn andere Untersuchungen kein eindeutiges Ergebnis liefern.5
Bei der Nervenbiopsie wird eine kleine Probe aus einem Nerven am Bein entnommen und unter dem Mikroskop untersucht. Hinweise auf eine CIDP sind beispielsweise eine dünne Nerven-Isolierschicht oder bestimmte Entzündungszellen. Die Nervenbiopsie ist ebenfalls keine Routineuntersuchung, auch sie kommt vor allem dann in Frage, wenn andere Untersuchungsergebnisse nicht eindeutig sind.5
Eine Vielzahl von Erkrankungen äußert sich mit Symptomen, die denen einer CIDP ganz ähnlich sind. Das ist mit ein Grund dafür, dass die sichere Diagnose der CIDP oft schwierig ist.1 Dies gilt vor allem für das Guillain-Barré-Syndrom (GBS), das genau wie die CIDP zu den immunvermittelten Neuropathien gehört.9 Während sich Muskelschwäche und Sehnenreflexe beim GBS meist über nicht mehr als vier bzw. maximal acht Wochen zum Teil stark verschlechtern, beginnt die CIDP zumeist langsamer über mehr als acht Wochen.9 Darüber hinaus ist das GBS eine akute Erkrankung, die einmal auftritt und dann nie wieder, im Gegensatz dazu begleitet die CIDP Betroffene meist ein Leben lang.9 Oft ist es trotz dieser Unterscheidungsmerkmale schwierig, die beiden Erkrankungen voneinander abzugrenzen, Aufschluss geben hier ausführliche individuelle differenzialdiagnostische Untersuchungen.9
Weitere Beispiele für mögliche Differenzialdiagnosen, die es auszuschließen gilt, sind:5
Die Diagnose CIDP ist für viele Betroffene erstmal ein Schock. Wichtig ist aber: Steht die Diagnose fest, kann mit einer Therapie begonnen werden. Damit besteht die Chance, die Entzündung der peripheren Nerven einzudämmen und die Symptome zu lindern.5,10,11 Sprich hierzu auch mit deiner:m Ärzt:in. Wenn du mehr über den Alltag von Betroffenen erfahren möchtest, schau Dir gerne unsere Patient:innen-Geschichten an. Hier erzählen Betroffene, wie sie mit ihrer Erkrankung und der CIDP Diagnose umgehen, ihren Alltag meistern, was Mut macht und welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt.
Eine klare CIDP-Diagnose ist entscheidend für die richtige Behandlung. Neben therapeutischen Behandlungsoptionen spielen Physiotherapie und Ergotherapie eine wichtige Rolle. Eine gezielte Therapieplanung gibt Betroffenen und Angehörigen Sicherheit und Perspektive.
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1 Bunschoten C et al. J Peripher Nerv Syst 2019; 24(3): 253–259.
2 Allen JA et al. Neurology 2015; 85(6): 498-504.
3 Chaudhary UJ et al. J Neurol 2021; 268(4): 1366–1373.
4 Briani C et al. Neurotherapeutics 2022; 19(3): 874–884.
5 van den Bergh PYK et al. J Peripher Nerv Syst 2021; 26: 242–268.
6 The Guillain-Barré Syndrome Association of NSW. What is CIDP? https://www.gbs-cidp-nsw.org.au/information/what-is-cidp (abgerufen am 02.02.2025).
7 Chio A et al. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2007; 78(12): 1349–1353.
8 Allen JA et al. Adv Ther 2021; 38: 316–328.
9 Cecconi E et al. Neuroimmunology Reports 2024; 5: 100196.
10 Allen JA et al. Lancet Neurol 2024; 23(10): 1013–1024.
11 Oaklander AL et al. Cochrane Database Syst Rev 2017; 2017(1): CD010369.
DE-UNB-25-00012 Feb 2025