Wenn du oder jemand in deinem Umfeld die Diagnose CIDP erhalten hat, steht fast automatisch die Frage im Raum, was das für das Berufsleben bedeutet. Eine genaue Prognose ist nicht möglich, weil die Erkrankung sehr unterschiedlich verlaufen kann.1 Aber die gute Nachricht ist: Betroffenen stehen zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten zu, um weiterhin ihrem Beruf nachgehen zu können – und nicht zuletzt finanzielle Unterstützung, wenn die Berufsausübung kurz- oder längerfristig pausieren muss.

CIDP verändert den Alltag und kann die berufliche Leistungsfähigkeit einschränken. Anpassungen im Arbeitsumfeld und Therapien helfen dabei, weiterhin aktiv zu bleiben und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

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Arbeiten mit CIDP ist oft möglich

Bei manchen Menschen mit CIDP führt die Erkrankung zu Einschränkungen, die grundlegende Veränderungen im Arbeitsalltag nach sich ziehen, z. B. eine Reduktion der Arbeitszeit, eine Änderung der beruflichen Tätigkeit oder auch eine vorzeitige Rente.2 Aber bei vielen Betroffenen ist die Berufsfähigkeit auch trotz der Diagnose CIDP weiterhin möglich: So zeigten Ergebnisse einer Studie aus Serbien, dass etwa 70 % der Betroffenen nicht frühzeitig verrentet werden mussten.3 Erfahre hier mehr in unseren Erfahrungsberichten rund um das Thema Beruf und wie andere Patient:innen damit umgehen.

 

Wichtig ist: Es gibt zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten und Angebote, um möglichst lange im Berufsleben zu bleiben – trotz CIDP. Viele Betroffene schöpfen übrigens auch durch ihren Berufsalltag Kraft und neue Energie und leiden Studien zufolge weniger häufig unter Depressionen bzw. Erschöpfung.3 

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Deine Rechte als Arbeitnehmer mit CIDP

Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, Arbeitgeber über eine konkrete Diagnose zu informieren.4 Es kann aber sinnvoll sein, Vorgesetzte mit ins Boot zu holen, z. B. dann, wenn es darum geht, den Arbeitsplatz oder die Arbeitsbedingungen so anzupassen, dass auch mit CIDP weiterhin eine Berufstätigkeit möglich ist. In manchen Fällen sind Arbeitgeber sogar dazu verpflichtet, Betroffene dabei zu unterstützen.

Grad der Behinderung (GdB) & Schwerbehindertenausweis

Die Ausstellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 bedeutet die Bezeichnung „schwerbehindert“ und ermöglicht die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises.5 Was erstmal nicht besonders erstrebenswert klingt, kann jedoch Vorteile mit sich bringen: So haben Menschen mit einem GdB von mindestens 50 ein Anrecht auf Unterstützungsmöglichkeiten in Form von Nachteilsausgleichen wie z. B. einer zusätzlichen Arbeitswoche Urlaub, besonderen Kündigungsschutz und Freistellung von Mehrarbeit. Unter bestimmten Umständen ist auch bei einem GdB zwischen 30 und 40 eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen möglich.6 Das ist vor allem empfehlenswert, wenn nur so ein geeigneter Arbeitsplatz erlangt oder erhalten werden kann.7

Anspruch auf behindertengerechte Beschäftigung

Menschen mit Schwerbehinderung oder einer Gleichstellung haben überdies einen Rechtsanspruch auf eine Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll einsetzen können. Das bedeutet, dass Betriebe dazu verpflichtet sind, zur Erfüllung des Anspruchs auf eine behindertengerechte Beschäftigung alle zumutbaren Veränderungen vorzunehmen, um das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Solche Maßnahmen können eine Arbeitsplatzanpassung mit technischen Arbeitshilfen, eine Versetzung auf einen neuen Arbeitsplatz, der sich mit deinen Einschränkungen besser vereinbaren lässt, eine Teilzeitbeschäftigung oder auch eine Verlagerung deines Arbeitsortes ins Homeoffice bedeuten.8

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Wiedereingliederung nach längerer Krankheit

Nach längerer Krankheit kann eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit eine große Umstellung bedeuten. Um diesen Übergang zu erleichtern, sind Betriebe nach länger als sechs Wochen andauernder Krankheit verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Teil eines BEM kann eine stufenweise Wiedereingliederung sein. Während einer solchen Wiedereingliederung besteht weiterhin eine Krankschreibung.9

Finanzielle Unterstützung für Arbeitnehmer:innen mit CIDP

Führt die CIDP zu einer vorübergehenden oder längerfristigen Arbeitsunfähigkeit, haben Betroffene ein Anrecht auf finanzielle Unterstützung in Form von Krankengeld, Arbeitslosengeld oder auch einer Erwerbsminderungsrente.9

Krankengeld & Arbeitslosengeld bei Erwerbsminderung

Wer sich aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht arbeitsfähig fühlt, sollte am besten mit der:dem Ärzt:in sprechen, um sich ggf. krankschreiben zu lassen. Dabei ist über einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen eine volle Lohnfortzahlung möglich. Dauert deine Arbeitsunfähigkeit länger an, bezahlen gesetzliche Krankenkassen für bis zu 72 Wochen Krankengeld.9 Bei Arbeitsunfähigkeit von mehr als 72 Wochen kann bei der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit, auch Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld genannt, beantragt werden. Damit kann beispielsweise eine Lücke zwischen Krankengeld und einer Erwerbsminderungsrente überbrückt werden. Wenn absehbar ist, dass eine Arbeitsunfähigkeit auch nach insgesamt 78 Wochen (6 Wochen Lohnfortzahlung und 72 Wochen Krankengeld) weiter anhält, wird die Krankenkasse dazu auffordern, einen Antrag auf Reha-Maßnahmen und / oder eine Erwerbsminderungsrente zu stellen.9

Rehabilitationsmaßnahmen

Bei medizinischer Notwendigkeit können Rehabilitationsmaßnahmen (Reha) beantragt werden. Ein Antrag kann dabei über die Deutsche Rentenversicherung, die Krankenkasse, die gesetzliche Unfallversicherung, die Agentur für Arbeit, oder das Sozialamt gestellt werden. All diese Stellen sind verpflichtet, jeden Antrag zu prüfen und ihn, falls sie nicht selbst zuständig sind, innerhalb von zwei Wochen an den zuständigen Reha-Träger weiterzuleiten. Für die Dauer der Reha, die meist bei drei Wochen liegt, kann bei der Rentenversicherung Übergangsgeld beantragt werden. Das Übergangsgeld wird mit der Zeitdauer des Krankengeldes verrechnet – die Zeitspanne von 72 Wochen, in denen das Krankengeld bezogen werden kann, verlängert sich daher nicht um die Dauer der Reha.9 Mehr Informationen zur Physiotherapie und Rehabilitation findest du hier.

Erwerbsminderungsrente – Wann lohnt sich der Antrag?

Haben die Reha-Maßnahmen jedoch nicht zu einer Besserung des Gesundheitszustands geführt, kann unter bestimmten Voraussetzungen bei den Rentenversicherungsträgern Erwerbsminderungsrente beantragt werden. Wenn die Deutsche Rentenversicherung am Ende der Reha mit einem amtsärztlichen Gutachten die Prognose einer länger als sechs Monate währenden und damit dauerhaften Arbeitsfähigkeit von weniger als drei Stunden am Tag bestätigt, wird der Reha-Antrag automatisch in einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente umgewandelt. Zur Überbrückung zwischen Ende der Krankengeldzahlung und Erwerbsminderungsrente kann bei der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit beantragt werden.9

Umschulung & berufliche Neuorientierung

Du hast den Eindruck, dass aufgrund der CIDP eine Berufstätigkeit zwar im bisherigen Beruf nicht mehr möglich ist, andere Tätigkeiten aber weiterhin in Frage kommen? Dann lohnt es sich, mit der Rentenversicherung Kontakt aufzunehmen und sich zu den individuellen Möglichkeiten beraten zu lassen.10

1 The Guillain-Barré Syndrome Association of NSW. What is CIDP? https://www.gbs-cidp-nsw.org.au/information/what-is-cidp (abgerufen am 30.01.2025).

2 Allen JA et al. Adv Ther 2021; 38: 316–328.

3 Bjelica B et al. J Peripher Nerv Syst 2018; 23(3): 178–182.

4 Gesetze im Internet. Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz). https://www.gesetze-im-internet.de/entgfg/EntgFG.pdf (abgerufen am 30.01.2025).

5 Einfach teilhaben. Beantragung Schwer­behindertenausweis. https://www.einfach-teilhaben.de/DE/AS/Ratgeber/01_Schwerbehindertenausweis/Schwerbehindertenausweis_node.html (abgerufen am 30.01.2025).

6 Rehadat. Lexikon zur beruflichen Teilhabe: GdB-abhängige Nachteilsausgleiche ⁠/ Steuerfreibeträge. https://www.rehadat.de/lexikon/Lex-GdB-abhaengige-Nachteilsausgleiche---Steuerfreibetraege/ (abgerufen am 30.01.2025).

7 Rehadat. Lexikon zur beruflichen Teilhabe:
Schwerbehinderte Menschen. https://www.rehadat.de/lexikon/Lex-Schwerbehinderte-Menschen/ (abgerufen am 30.01.2025).

8 Rehadat. Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung. https://www.talentplus.de/inklusion-gestalten/rechte-und-pflichten-fuer-arbeitgeber/behinderungsgerechte-beschaeftigung/ (abgerufen am 30.01.2025).

9 Die Bundesregierung. Längerfristige Krankheit. https://www.amtlich-einfach.de/DE/ThemenBuerger/GesundheitSoziales/Krankheit/Krankheit_node.html#10 (abgerufen am 30.01.2025).

10 Arbeitsamt.info. Umschulung wegen Krankheit – Was sollte man beachten? https://www.arbeitsamt.info/umschulung-arbeitsamt/umschulung-wegen-krankheit-was-sollte-man-beachten/ (abgerufen am 30.01.2025).

DE-UNB-25-00007 Feb 2025